Sonntag, 1. April 2007

Max Dauthendey - Der brennende Kalender: Februar

Das Eis wächst und die Wolke drückt,
Wie Wurzelwerk stehn Bäume gebückt.
Zerdrückt fällt Schnee schief ins Geäst,
Als fiel vom Himmel des Lebens Rest.

Und hat der Schnee alles eingesteckt,
Zwei Lippen hat er nicht zugedeckt,
Und zweie, die sich küssend trafen,
Tun über Nacht den Frost abschaffen.

Die Erd' hat noch keine Blume erdacht,
Der Himmel trägt noch Wolkentracht,
Der Frostwind fegt noch jeden Weg
Und sägt mit Geklapper am Schlehgeheg.

Vor meinen Schreiben, wie Schattenzeichen,
Seh' ich die Vöglein lieblos streichen;
Wenn bald im Garten die Blättlein fächeln,
Wenn bald in den Türen die Mädchen lächeln,

Wenn Burschen mit den Augen stehlen,
Dann ihre Noten die Vöglein wählen;
Jeder rote Kopf, der verliebt dreinsieht,
Wird eine Note zum Liebeslied.

Liebste, sieh, an allen Scheiben
Muss die Welt jetzt draußen bleiben,
Eis tut um uns Hecken treiben.
Hinterm Stachelzaun aus Eis
Bleiben wir uns hitzig heiß;
Kühlen nicht um einen Grad,
Weil man's Herz voll Kohlen hat.

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